Abschnitt 6: Geheime Botschaften der Visionen
Entscheidung der Community: Du lässt die Gruppe zurück, und sprichst sofort mit Eldwyn
Du wartest nicht. Du fühlst, wie der Moment sich unter deinen Schritten wegzuziehen droht, wie Sand, der zwischen Fingern rinnt, wenn man zögert. Du wolltest Antworten – Antworten auf die Bilder, die sich in deinen Kopf eingebrannt hatten. Also verlässt du die Halle. Lässt deine Gruppenmitglieder zurück. Die anderen werfen dir nur flüchtige Blicke zu, zwischen Bücherregalen und surrenden Runenlichtern. Sie können sich schon denken, dass du nach deinem Erlebnis mit dem Kristall Fragen hast. Wer hätte die nicht?
Eldwyn hatte sich während der kurzen Zeit mit deiner Gruppe aus der Bibliothek hinausbegeben. Der Gang außerhalb der Halle liegt im Halbschatten. Zwischen hohen Fenstern, in deren Glas sich Runenmuster spiegeln, tanzt das Licht in unregelmäßigen Pulsen.
Und dort – am Ende einer offenen Galerie mit Blick auf die unteren Gärten – steht sie.
Eldwyn.
Sie hat sich auf das Geländer gestützt. Der Wind hebt sachte ihr Haar, eine Haarsträhne flattert wie ein silberner Faden in einer unsichtbaren Weberei.
Sie hört dich kommen. Dreht sich aber nicht sofort um.
„Du hast dich entschieden, mir zu folgen“, sagt sie leise. Kein Vorwurf. Kein Lob. Nur Feststellung.
Du bleibst ein paar Schritte hinter ihr stehen. Die Stille zwischen euch ist nicht unangenehm – nur aufgeladen.
Dann: „Nun? Was hast du gesehen? Erzähl es mir bitte.“
In ihrer Stimme lag ein Hauch von Anspannung, als würde sie Angst davor haben, welche Antworten aus deinem Mund kämen. Welche Vorahnungen – und eventuell auch welche Tiefe – diese Visionen haben würden.
Du atmest tief ein.
Außer Eldwyn hatte sich niemand anderes in der Halle zu dir gewandt oder gefragt, was du gesehen hast. Niemand sonst wollte dem auf den Grund gehen – und vielleicht war sie die einzige Möglichkeit, mehr darüber zu erfahren.
Es war dein zweiter Tag nach der Ankunft in Ith’kev und an der Akademie.
Wie würde wohl das Jahr noch verlaufen, wenn es schon so startete?
Ein Teil von dir hoffte, dass diese Visionen nichts zu bedeuten hatten. Denn sie beherbergten einen Schmerz, den du nicht einordnen konntest.
Du nimmst deinen Mut zusammen und erzählst ihr von den Visionen und den Gefühlen, die du gespürt hast. Ihr Blick – weiter auf die Gärten gerichtet – während sich auf ihrer Stirn angestrengt Falten bilden.
Als du fertig bist, liegt eine Stille in der Luft. Du spürst ihren angespannten und nachdenklichen Blick und dass sie etwas zutiefst beschäftigte.
Dann:
„Du bist nicht die einzige Person, die diese Bilder erlebt hat.“
Eldwyns Stimme ist kaum mehr als ein Wispern.
Wer noch hatte diese Bilder gesehen?
Und was hatten sie zu bedeuten?
Was hatten sie mit dir zu tun?
Sie wendet sich dir zu. Ihre Augen sind ruhig – aber dahinter liegt etwas. Eine Tiefe, die wie Wasser wirkt: ruhig an der Oberfläche, aber darunter bewegt.
„Ich dachte lange, dass es nur Projektionen lebhafter Erinnerungen sind.
Doch da du die gleichen Visionen wie Davin hast, kann ich das nicht ignorieren. Zumal du auch andere Umstände hast als er.“ Sie verschränkt die Arme. „Es scheint eine Botschaft zu sein, die dringend übermittelt werden will – wenn sie sich schon an einen Erstsemester wendet. Doch von wem? Spielt ein Schüler ein Streich? Oder ist es die Akademie, oder der Kristall selbst der mit uns redet? Vielleicht sogar Lunaris höchst selbst? Dann wärst du von ihr auserwählt worden, botschafter zu sein. mhhh“
Einen Moment sagt keiner von euch etwas. Dann trittst du näher. „Da war ein Buch. Eine Maschine. Und Stimmen. Viele.“Eldwyns Blick wird schmal.
„Das Buch mit den Ranken?“ fragt sie.
Du nickst.
„Das ist seltsam...“
Sie sieht dich an – und dieses Mal… vertraut sie dir etwas an. Du spürst es.
„Von der Beschreibung her kann es nur den Überlieferungen zufolge die Wyldheart-Chroniken sein. Doch das Buch ist unauffindbar – es befindet sich in einem Mythos. Oder doch nicht?“ Sie tritt vom Geländer zurück, seufzt angestrengt und fixiert ihre grünen Augen nachdenklich auf die weißen Fliesen, auf denen ihr steht.
Ein Windstoß geht durch den Gang, hebt eine ihrer Haarsträhnen – wie ein leiser Zeiger in der Luft. Dann wird ihre Stimme härter. Nicht kalt – aber fokussiert.
„In der Überlieferung heißt es, dass das Buch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – inklusive aller Eventualitäten, Realitäten und Ereignisse – in sich aufbewahrt. Vielleicht ist es ein Symbol dafür, was geschehen wird. Was geschehen kann. Oder was in der Vergangenheit verborgen ist und nun ans Licht treten will.“
Stille.
Selbst dein Kopf hatte Eldwyns Vermutungen nichts mehr hinzuzufügen – auch wenn du Mühe hattest, ihr zu folgen. Dies war dein zweiter Tag. Du warst hergekommen, um deine Magie zu bändigen. Sie zu kontrollieren. Und nach dem Abschluss deinen Weg zu gehen.
Eldwyn mustert dich – und lächelt dann sanft. Vielleicht, um dich zu beruhigen. Oder um die Stimmung etwas aufzulockern. Egal – es funktioniert. Du spürst, wie die Anspannung leicht nachlässt, als sie dich mit ihrer Wärme empfängt.
„Ich danke dir, dass du das mit mir geteilt hast. Fürs Erste wäre es vielleicht nicht schlecht, wenn du mir ein Pergament zukommen lassen könntest, das deine Visionen und die Bilder darin genauestens beschreibt. Vielleicht können wir so die Botschaften besser entschlüsseln. Für heute solltest du dich vielleicht zurückziehen, dich ausruhen. So ein Erlebnis darf sich auch erst mal setzen“, sagte sie sanft und sah dir tief in die Augen. „Komm jederzeit zu mir, wenn du etwas brauchst.“
Eldwyn wendet sich zum Gehen. Langsam. Würdevoll. Doch in der Luft bleibt etwas zurück.
Nicht nur ihre Präsenz. Etwas Tieferes. Als hätte sich ein unsichtbarer Knoten gelöst – und du spürst, dass der Weg, den du gerade betreten hast, nicht mehr nur ein akademisches Abenteuer ist.
In deiner Brust liegt ein Vibrieren – schwach, aber stetig.
Vielleicht ist es dein Wyldheart. Vielleicht ist es Angst.
Vielleicht ist beides nicht zu trennen.
Die neugierde war in dir geweckt, doch du weißt auch, das neugierde nicht immer zum guten führt. Du spürst das hinter all dem mehr steckt als Eldwyn vielleicht zum jetzigen Zeitpunkt beantworten kann. Doch sie scheint beunruhigt und die bilder die in deinem Kopf sich eingenistet haben, bestätigen dir das gefühl, das diese geschichte nicht in einem plausch auf dem Schulgelände enden wird.
Du könntest zurückkehren.
Zur Gruppe.
Zur Aufgabe.
Zur Struktur.
🌙 Entscheidung – Wohin führt dein Weg?
🔹 Du widmest dich der Entwicklung und Kontrolle deiner Magie.
Du hältst dich lieber aus solchen Geschichten heraus, um nicht noch mehr Ärger zu bekommen, als du sowieso schon hast. Vielleicht ist dein Platz nicht in Verschwörungen, sondern in den Grundlagen deiner Magie – dort, wo du selbst wieder klarer sehen kannst.
🔹 Zuerst möchtest du dich einleben – Freunde finden, die Akademie erkunden, Antworten in deinem Tempo suchen.
Noch ist alles zu neu, zu fragil. Du willst Eldwyn nicht zurückweisen, aber du brauchst Zeit. Und vielleicht findest du die fehlenden Puzzlestücke ja auch auf anderen Wegen – zwischen Fluren, Ruhezonen und zufälligen Begegnungen.
🔹 Du gehst all-in.
Du willst mehr. Und du willst jetzt. Du bittest Eldwyn, dich persönlich als Mentorin zu unterweisen – nicht offiziell, sondern in allem, was zwischen den Zeilen verborgen liegt. Denn du spürst: Wenn jemand mit dir gemeinsam das Geheimnis dieser Visionen lösen kann, dann sie.