3 Gründe, warum Gaming uns schlauer macht - Gamified Learning mit Videospielen
Was ist Gamified Learning?
Gamified Learning bezeichnet das Lernen durch spielerische Elemente. Es nutzt Mechaniken aus Videospielen – wie Punkte, Belohnungen, Levels oder Herausforderungen – um Wissen, Fähigkeiten und Problemlösungsstrategien zu vermitteln. Dabei geht es nicht nur um reines Entertainment: Spieler*innen erleben Inhalte aktiv, treffen Entscheidungen, reflektieren Ergebnisse und entwickeln dabei kognitive, soziale und kreative Kompetenzen.
Videospiele eignen sich besonders gut für Gamified Learning, weil sie Lernen interaktiv machen, Motivation steigern und komplexe Themen wie Geschichte, Psychologie oder Musik auf eine greifbare und einprägsame Weise vermitteln. Studien zeigen, dass Spieler*innen durch gezieltes Spielen schneller Fakten behalten, strategisches Denken verbessern und handwerkliche Fähigkeiten entwickeln können.
Warum Videospiele perfekt dafür sind
Videospiele bieten eine einzigartige Kombination aus Interaktivität, Motivation und immersivem Erleben, die Lernen besonders effektiv macht. Anders als bei klassischen Lehrmethoden werden Spieler*innen aktiv in den Lernprozess eingebunden: Sie treffen Entscheidungen, reflektieren Konsequenzen und probieren Strategien direkt aus.
Durch Belohnungssysteme wie Punkte, Levels oder Herausforderungen wird die Motivation zusätzlich gesteigert – Fortschritte sind sofort sichtbar, und kleine Erfolge halten die Spielerinnen bei der Stange. Gleichzeitig können komplexe Themen greifbar und einprägsam vermittelt werden. Geschichte, Psychologie, Musik oder handwerkliche Fähigkeiten werden nicht nur theoretisch erklärt, sondern erlebbar gemacht. Spielerinnen können Zusammenhänge entdecken, Probleme lösen und sich Inhalte auf eine Weise aneignen, die lange im Gedächtnis bleibt.
Kurz gesagt: Videospiele machen Lernen nicht nur unterhaltsam, sondern auch nachhaltig, weil Wissen aktiv erlebt und praktisch angewendet wird.
Historie & Geschichten | Lernen durch Erleben
Wir alle kennen vermutlich mindestens eine Person, die der Meinung ist, dass Videospiele uns nur verblöden oder aggressiv machen würden. Dabei zeigt die Forschung immer wieder: Gamified Learning durch Videospiele kann unsere kognitive Leistung, Motorik und Lernfähigkeit verbessern. Natürlich hängt es vom individuellen Maß ab, welche Spiele man wie lange spielt und ob man sich davon in Rage bringen lässt oder nicht.
Wenn ich nach dem fünfzigsten Mal in Dark Souls sterbe, kann mich das anspornen oder bei mir eher in Rage versetzen. Dann kann ich bewusst entscheiden, den Controller zur Seite zu legen, eine Pause einzulegen oder etwas anderes zu spielen, das mich wieder herunterfährt.
Tomb Raider Underworlds (2008, Crystal Dynamics, Eidos Interactive) - Bildquelle: ixbt.com
Ich spiele seit meiner Kindheit Videospiele und kann sagen, dass Titel wie Tomb Raider Underworlds (2008, Crystal Dynamics, Eidos Interactive) oder Kingdom Come: Deliverance (2018, Warhorse Studios, Deep Silver) mir tatsächlich sehr viel beigebracht haben. Tomb Raider Underworlds führt uns durch die nordische Mythologie und archäologische Geheimnisse.
Kingdom Come: Deliverance (2018, Warhorse Studios, Deep Silver) | Bildquelle: DLCfun
Kingdom Come: Deliverance zeigt historisch akkurates Leben im mittelalterlichen Böhmen mit realen Dörfern, Politik und Schwertkampfmechaniken. Das sind nur zwei von Dutzenden Spielen, die – wenn man genauer hinschaut – Effekte erzielen, die viele Eltern als wünschenswert empfinden könnten. Solche Educational Games machen Geschichte und Kultur lebendig und fördern das Verständnis auf spielerische Weise (Tomb Raider Underworlds auf Steam, Kingdom Come: Deliverance auf Steam).
Spiele sind nicht wie ein langweiliger Geschichtsunterricht, bei dem wir in ein Buch starren und hoffen, die Stunde möge schnell vorbei sein. In Spielen erleben wir Geschichte, und solche Erlebnisse bleiben länger im Kopf als bloßes Lesen. Lernen durch Gaming kann so effektiver und nachhaltiger sein.
Ich erinnere mich noch ganz genau daran, wie mich die nordische Mythologie in Tomb Raider Underworlds gepackt hat. Weil ich sie nicht nur gelesen, sondern erlebt habe, war das Ganze viel spannender und interessanter für mich. Ich konnte kaum den nächsten Abschnitt erwarten, um mehr darüber zu erfahren.
Ihr kennt doch bestimmt die Lernbrücken, die man sich als Kind in der Schule gebaut hat. Betrachtet man sie genauer, sind Lernbrücken nichts anderes als Geschichten. Musik funktioniert auf ähnliche Weise und manchmal sogar schneller. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.
Ich persönlich lerne durch Erleben. Es muss mich fesseln, ich muss es mitfühlen können und es muss mir die Möglichkeit geben, tiefer in die Geschichte einzutauchen. Videospiele lernen macht genau das möglich – emotional, interaktiv und nachhaltig.
I Am Jesus Christ. Entwickelt von Space Boat Studios | Bildquelle: Steam
Ein aktuelles Beispiel, das mich besonders überrascht hat, ist I Am Jesus Christ. Entwickelt von Space Boat Studios und veröffentlicht über PlayWay S.A., versetzt es dich in die Rolle von Jesus Christus. Du erlebst sein Leben in der Ich-Perspektive, von Geburt und Taufe über Predigten, das Speisen der 5.000 und Heilungen bis hin zur Kreuzigung und Auferstehung. Über 30 ikonische Wunder können nachgespielt werden. Die Demo erschien am 23. Juli 2025 auf Steam und erhielt überwiegend positive Bewertungen mit rund 72 Prozent positiven Rückmeldungen bei knapp 200 Reviews. Die Vollversion ist für das vierte Quartal 2025 angekündigt (I Am Jesus Christ Demo auf Steam, Space Boat Studios).
Anfangs hätte ich wegen meiner eher negativen Erfahrungen mit Religion nie gedacht, dass ich ein solches Spiel überhaupt ausprobieren würde. Doch nachdem ich ein Let’s Play von HandofBlood gesehen habe, war ich wirklich überrascht. Es eröffnete mir eine völlig neue Perspektive auf diese Geschichten und brachte mich sogar dazu, die Demo selbst anzutesten.
Anbei könnt ihr euch das Video selbst ansehen.
Assassin’s Creed Shadows von Ubisoft | Bildquelle: Steam
Natürlich lässt sich diskutieren, wie historisch korrekt manche Umgebungen und geschichtlichen Abschnitte in Videospielen sind. Assassin’s Creed Shadows hat durch die Integration von Yasuke, einem afrikanischen Krieger im Dienst von Oda Nobunaga, eine große Debatte ausgelöst. Viele kritisierten, dass ein Nicht-Japaner im Zentrum eines Spiels über feudales Japan stehe. Historisch ist Yasuke jedoch belegt. Er reiste nach Japan, stand im direkten Dienst von Nobunaga, erhielt eine Rüstung, ein Haus und eine Vergütung. Ob er formell als Samurai galt, hängt von der Definition ab. Dennoch war er ein bedeutender Krieger im 16. Jahrhundert (Time, The Times, Wikipedia). Viele Entwickler bemühen sich generell um historische Genauigkeit, besonders bei kulturell geprägten Spielen.
2. Psychologie und gesellschaftliche Themen spielerisch erfahren
Hellblade: Senua’s Sacrifice- Ninja Theory im Jahr 2017 | Bildquelle: Steam
Hellblade: Senua’s Sacrifice zeigt, dass Gamified Learning auch in der Auseinandersetzung mit psychischen Themen möglich ist. Entwickelt von Ninja Theory im Jahr 2017 vermittelt das Spiel nicht nur ein düsteres und intensives Erlebnis, sondern dieses Erlebnis trägt direkt zum Verständnis der Psychose bei. Stimmenhören, Halluzinationen und emotionale Belastungen werden durch die bedrückende Atmosphäre nicht verharmlost, sondern im Gegenteil noch deutlicher spürbar gemacht. Ninja Theory arbeitete dafür eng mit Neurowissenschaftlern, Psychologen und Betroffenen zusammen. Viele Spieler mit eigener Erfahrung bestätigten die Authentizität dieser Darstellung (PMC, Forbes). Manche Kritiker sahen Senua allerdings eher als künstlerische Verdichtung von Symptomen statt als realistische Person. Trotzdem gilt Hellblade als Meilenstein in der Darstellung psychischer Erkrankungen und die Performance von Melina Juergens wird bis heute gefeiert (The Guardian) (Hellblade auf Steam).
Tell Me Why von Dontnod Entertainment (2020, Xbox Game Studios)
Bildquelle: Steam
Auch Tell Me Why von Dontnod Entertainment (2020, Xbox Game Studios) greift mutig ein Tabuthema auf. Spieler schlüpfen in die Rolle eines trans Mannes und erleben hautnah Ablehnung, Vorurteile und gesellschaftliche Restriktionen. Kaum ein anderes Medium kann dieses Gefühl so intensiv transportieren wie ein Videospiel (Tell Me Why auf Steam).
3. Musik und handwerkliche Fähigkeiten lernen
Rocksmith (2011, Ubisoft)
Bildquelle: Steam
Um auf eine leichtere Seite der Videospielwelt zu wechseln: Mit Rocksmith (2011, Ubisoft) konnte ich Bassspielen lernen, solange ich konsequent geübt habe. Und ich erinnere mich gerne an die unvergesslichen Momente bei LAN-Partys, die mich mit Freunden zusammengeschweißt haben. Diese Erlebnisse haben uns nicht nur Spaß gebracht, sondern echte Erinnerungen geschaffen, die bis heute nachwirken (Rocksmith auf Steam).
Fazit: Spiele als nachhaltige Lernplattform
Videospiele sind keine Zeitverschwendung. Sie sind Lernwerkzeuge, emotionale Brücken und kulturelle Erlebnisräume. Ob nordische Mythologie in Tomb Raider, historische Genauigkeit in Kingdom Come, gesellschaftliche Themen in Tell Me Why oder psychische Erkrankungen in Hellblade – Games können Wissen, Empathie und Fähigkeiten fördern wie kaum ein anderes Medium.
Sie bringen uns Themen näher, machen sie greifbarer und erlebbarer. Sie wecken Neugier, lassen uns mitfühlen und schaffen unvergessliche Momente. Videospiele lernen vermittelt Wissen, fördert Gemeinschaft, verbessert Motorik und Denkvermögen und transportiert komplexe Inhalte auf eine Weise, die im Gedächtnis bleibt.
Wissenschaftliche Fakten: Wie Gaming Motorik, Kognition und Lernen verbessert
Kognitive Vorteile von Videospielen: Eine Meta-Analyse zeigte signifikante Verbesserungen in Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und höherer Kognition mit einer Effektstärke von g ≈ 0,25 (PMC).
Verbesserte Hand-Auge-Koordination: In einer Studie mit Teilnehmern im Alter zwischen 20 und 40 Jahren zeigten Gamer bessere visuell-räumliche Arbeitsgedächtnisleistungen, psychomotorische Geschwindigkeit und Aufmerksamkeit (PubMed).
Schon 10 Stunden Gaming steigern Fähigkeiten: Verbesserungen in räumlicher Aufmerksamkeit und mentaler Rotation nach nur kurzer Spielzeit (PMC).
Gaming fördert Fluid-Intelligenz: Mehr Spielzeit korreliert mit besserer mentaler Flexibilität, Planung und Arbeitsgedächtnis (PMC).
Gaming in der Medizin: Gamer schnitten bei chirurgischen Simulatoren schneller und präziser ab als Fachärzte in Ausbildung (Wired).
Rehabilitation mit Games: Wii-Spiele wie Wii Sports oder Circus Challenge werden erfolgreich in der Therapie bei Schlaganfall oder Parkinson eingesetzt (Wikipedia).
Action-Games verbessern Wahrnehmung: Studien zeigen bessere Hand-Auge-Koordination, periphere Informationsverarbeitung und Reaktionszeiten (Wikipedia).
Quellen & Studien
Meta-Review zu Videospielen und Kognition
PMC: Cognitive Benefits of Video Game InterventionsStudie: Videospielen und Gedächtnis/Hand-Auge-Koordination (20–40 Jahre)
PubMed: Gaming Skills and Cognitive Performance
PMC: Video Gaming and Cognitive SkillsStudie: Bereits 10 Stunden Gaming verbessern räumliche Aufmerksamkeit und Rotation
NCBI: Perceptual and Spatial Effects of GamingZusammenhang zwischen Spielzeit und Intelligenz/Flexibilität/Arbeitsgedächtnis
NCBI: Cognitive Flexibility and Video GamesStudie: Videospieler performen besser bei chirurgischen Simulatoren
Wired: Robotic Surgery and GamingVideospiel-Rehabilitation (Wii, VR, Motion-Based Gaming)
Wikipedia: Video Game RehabilitationVideospiele verbessern Wahrnehmung, Aufmerksamkeit & Reaktionszeiten
Wikipedia: Perceptual Learning
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