Burnout & Angst: Wenn Ruhe stresst

Ich habe mir lange gewünscht, einfach mal nichts zu müssen. Keine Termine, keine Erwartungen, keine ständige To-Do-Liste im Kopf. Nur ich, etwas Ruhe, und vielleicht ein bisschen Raum für Kreativität oder Heilung.

Doch als die Ruhe da war – sei es durch Krankschreibung oder eine bewusste Pause – kam etwas anderes: Druck. Angst. Schuldgefühle.

„Ich muss doch jetzt wieder gesund werden.“
„Ich verschwende gerade wertvolle Zeit.“
„Andere stehen morgens auf und leisten was – und ich…?“

Was ich lange nicht verstanden habe: Mein Nervensystem konnte Ruhe gar nicht annehmen.

Warum sich Ruhe nicht wie Ruhe anfühlt

Für viele von uns, besonders wenn wir hochsensibel sind, schon einmal einen Burnout hatten oder lange unter innerem Druck standen, ist „nichts tun“ nicht gleich Erholung. Unser Körper und Geist haben über Jahre gelernt, dass Leistung = Sicherheit ist.

Wenn die Leistung wegfällt, sagt unser Inneres plötzlich:

  • „Achtung, Kontrollverlust!“

  • „Du bist faul!“

  • „Jetzt musst du wenigstens heilen – aber schnell!“

Selbst die Heilung wird zum Leistungsprojekt. Und Ruhe fühlt sich plötzlich nicht wie Entspannung, sondern wie Versagen an.

Alleine schon ein Besuch beim Arzt gab mir das Gefühl, dass ich mich nicht so fühlen durfte. Ich sitze jetzt schon seit Monaten immer wieder auf diesem Stuhl nur, um immer wieder dasselbe zu sagen, und zwar „Es geht mir nicht gut, ich arbeite daran“ und ich fühle mich so schlecht dabei. Ich muss doch wieder gesund werden, funktionieren, arbeiten, Geld verdienen. Aber der bloße Gedanke daran macht mich fertig. Ich fühle mich so schlecht nicht den Erwartungen anderer zu entsprechen und mache mich selbst dafür nur noch mehr fertig.

Woher kommt das?

Ich kann nur von mir sprechen. Aber eigentlich hatte ich das Gefühl, nie wirklich die Wahl zu haben. Immer wieder hörte ich, dass ich mir keine Pause erlauben dürfte. Ich soll mich „durchbeißen“ „nicht so tun“. Vielleicht kennst du das auch. Als hochsensibler Mensch musst, du viele Reize verarbeiten und manchmal brauchen wir länger etwas für uns zu finden, was unseren persönlichen Bedürfnissen Raum und Gehör schenkt, sei es im Berufsleben als auch im Privatleben. Vertrauen und Zeit hätten mir vermutlich damals geholfen, anstatt von einem Job zum anderen zu springen. Ich weiß noch, dass mir das Urlaubssemester mit all den Vorbereitungen für die OPs so guttaten. Ich habe mich auf nichts konzentriert, außer darauf, die Termine für die OPs zu legen und alle Untersuchungen hinter mich zu bringen. Doch das war nur ein halbes Jahr und nach der Mastektomie ging es direkt in die Ringprüfung.

Wenn ich heute so zurückdenke, merke ich einfach, dass ich nur von einer Situation in die nächste gelotst wurde, ohne ZEIT zu haben mich zu orientieren und das geschehene zu verarbeiten.

Ich bin mehr als 10 Jahre in der Schule gewesen und soll auf einmal wissen, was ich für den Rest meines Lebens machen soll? Und dann soll es am besten noch etwas sein, das mir Spaß macht, sicher ist und gut Geld einbringt. Doch mir ging es nie wirklich um Sicherheit, bevor dieses Muster mit dem Leistungsdruck anfing. Mir ging es nur darum mich entfalten zu können und die Erlaubnis zu haben mich auszuprobieren. Ich bin ein kreativer Mensch und nicht ein Roboter, den man auf etwas Bestimmtes trainiert. Ich bin mehr als das und ich erlebe auch viel mehr als das und möchte auch mehr erleben.

Der innere Antreiber: „Du musst funktionieren“

Viele kennen ihn: Diese innere Stimme, die sagt:

  • „Du darfst dich erst entspannen, wenn du wieder gesund bist.“

  • „Du darfst kreativ sein, aber nur, wenn du was draus machst.“

  • „Du musst zeigen, dass du Fortschritte machst.“

Diese Stimme ist nicht „falsch“ – sie hat uns lange geschützt. Aber jetzt steht sie unserer Regeneration im Weg.

Was mir geholfen hat: Verstehen & Erlauben

Der wichtigste Schritt war, zu verstehen: 👉 Ich bin nicht falsch. Mein System ist überfordert. Und es hat verlernt, dass Ruhe sicher ist.

Ich muss also nicht „besser heilen“, sondern meinem Körper und Geist neue Erfahrung von Sicherheit geben. Und das geht nicht mit Druck, sondern mit Geduld. Und ja, ich weiß, es hört sich wieder einfacher an als es ist und lass mich ganz ehrlich mit dir sein. Es ist nicht einfach. Aber es ist auch nicht unmöglich. Manifestieren geht nur, wenn wir verkörpern und verkörpern tun wir, indem wir Routinen manifestieren.

Tipps & Impulse für deinen Weg

1. Worte, die nichts von dir wollen

Sätze wie:

  • „Ich bin gerade einfach nur da.“

  • „Heute muss ich nichts beweisen.“

  • „Es ist okay, dass es dauert.“

  • „Ich darf Zeit brauchen, ohne sie rechtfertigen zu müssen.“

Lies sie. Schreib sie auf. Wiederhol sie – ohne sie als „Mantra zum Heilen“ zu benutzen. Einfach nur, damit dein System hört: Es ist okay.

2. 5 Minuten „Nicht-Müssen“-Zeit

Setz dich jeden Tag (oder jeden zweiten) 5–10 Minuten hin.
Kein Ziel, keine Aufgabe, kein Tagebuch, keine Meditation.
Nur du, ein Timer, und vielleicht ein Tee.
Und ein Satz wie: „Ich übe gerade, nichts zu müssen.“

Es geht nicht um Fortschritt – sondern darum, dass du langsam lernst: Ruhe ist erlaubt. Und sicher.

3. Kreativität ohne Zweck

Wenn du zeichnest, schreibst, bastelst – tu es NICHT mit dem Ziel, etwas daraus zu machen.
Tu es für dich. Das ist der erste Schritt, dich mit deiner Freude zu verbinden – statt mit deinem Produktivitätszwang.

Fazit: Zeit ist keine Schwäche

Es gibt keinen Schnellweg aus der Erschöpfung. Aber es gibt einen sanften Weg – der mit Verständnis beginnt. Wenn du gerade nichts leisten kannst, dann nicht, weil du zu schwach bist. Sondern weil du endlich damit aufgehört hast, dich zu überfordern. Und das ist vielleicht das Mutigste, was du je getan hast. In den nächsten Monaten werde ich definitiv versuchen davon zu berichten wie es mir geht und wie ich dieses Thema für mich endlich löse.

Wir sehen uns im nächsten Blog Post. Danke dir!

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